Maximilian Reutlinger ist seit 2014 Landwirt im Vollerwerb. Angefangen hat er 2006 nebenberuflich mit einer eigenen Ziegenherde.
Null Bock auf Bock?
Ziegenkäse steht bei den Verbrauchern hoch im Kurs – auch bei Vegetariern. Doch das Ziegenfleisch ist weniger beliebt. Was problematisch ist, weil die weiblichen Ziegen Nachwuchs bekommen müssen, um Milch für Käse produzieren zu können. Und der ist naturgemäß nur zur Hälfte weiblich. Den meisten männlichen Ziegen ereilt ein ähnliches Schicksal wie den Brüdern von Milchkühen. Sie werden an ausländische Mastbetriebe verkauft oder zu Hundefutter verarbeitet. Einen anderen Weg geht Maximilian Reutlinger. Bei ihm werden die Ziegenböcke zum Gärtner gemacht.
Auch wenn der Verbrauch von Ziegenmilch und -käse von Jahr zu Jahr steigt – bei uns in Deutschland führt dieses Segment – im Vergleich zur Kuhmilch – immer noch ein Nischendasein. Und so kommen die Produkte, die man im Supermarkt findet, häufig aus industrieller Produktion aus Frankreich und den Niederlanden. Doch auf den Wochenmärkten in den Städten, in gehobeneren Restaurants oder auch in dem einen oder anderen Hofladen im ländlichen Gebiet, trifft man auf handwerklich produzierte Ziegenmilchprodukte hoher Qualität, die regen Absatz finden. Nur an das Ziegenfleisch trauen sich viele Verbraucher nicht ran. Aus Angst, dass das Fleisch „bockelt“. Doch mit den richtigen Haltungsbedingungen lässt sich das vermeiden, wie uns Maximilian Reutlinger erklärt. Das Vorurteil stammt noch aus der Zeit, als Ziegen als Kühe des kleinen Mannes galten. Kühe haben einen höheren Platz- und Nahrungsbedarf, Ziegen sind dagegen genügsam und kommen auch mit engen, muffigen Ställen und Küchenabfällen als Nahrungsquelle zurecht. Doch das hat nichts mit artgerechter Tierhaltung zu tun und kann sich im strengen, „bockeligen“ Geschmack von Ziegenmilch und -fleisch widerspiegeln.
Maximilian Reutlinger ist seit 2014 Landwirt im Vollerwerb. Angefangen hat er 2006 nebenberuflich mit einer eigenen Ziegenherde, sechs Jahre später kam der Bio-Gemüseanbau als weiteres Standbein dazu – zuerst von Bioland zertifiziert, seit 2014 auch von Demeter. Der Gemüseanbau entwickelte sich so dynamisch, dass die Zeit für die Ziegenherde nicht mehr reichte und Maximilian diese schweren Herzens verkaufen musste. Doch etwa 30 Prozent seiner Hofeinnahmen entfallen auf die Landschaftspflege – und dafür eigenen sich Ziegenböcke, die ja nicht gemolken werden müssen und somit weniger Zeit beanspruchen, ganz hervorragend. So kauft Maximilian die Ziegenböcke der umliegenden Ziegenhöfe auf, lässt sich im Sinne der Landschaftspflege weiden und kümmert sich um die Verarbeitung und Vermarktung des Fleisches, wenn die Tiere im Alter zwischen 12 und 18 Monaten geschlachtet werden. Neben ganzen Bratenstücken wie Keule oder Rücken bietet Maximilian auch Ziegen-Patties für Burger an, zusammen mit zwei Metzgern aus der näheren Umgebung hat er auch eigene Wurst-Rezepturen entwickelt. Eine Spezialität ist die Rauchwurst – dafür muss das Fleisch etwas fester sein und das erhält er von den zwei bis drei Jahre alten Tieren. Mit diesen Produkten ist er auf Wochenmärkten unterwegs, freitags öffnet er den Verkaufswagen auf seinem Hof. Mittlerweile machen Ziegenfleisch und -wurst etwa 20 Prozent seines Umsatzes aus, die Tendenz ist steigend. So hat sich – auch dank der Ziegenböcke – ein landwirtschaftlicher Betrieb entwickeln können, von dem eine ganze Familie ihr Auskommen hat. Ein positives Beispiel in Zeiten des Höfesterbens…
Kontakt:
Ziegenhof Nannenbach
Nannenbach 9
88299 Leutkirch
Telefon: 07561-987161