Direkt vom Acker in die Flasche
Mit der Ölmühle Oberschwaben GmbH setzt Berthold Dreher auf kurze Transportwege für hochwertige Bio-Öle
(Wangen) Ganz klassisch entstehen Ölmühlen meist aus landwirtschaftlichen Betrieben, die in die Selbstvermarktung ihrer Ernten einsteigen möchten. Nach und nach werden dann ein paar Flaschen Öl für den Hofladen produziert. Anders bei der Ölmühle Oberschwaben GmbH, die aus der Dreher Agrarrohstoffe GmbH entstanden ist: „Ich wollte nicht nur Händler für Rohstoffe sein, sondern auch selbst ein Produkt herstellen. Mit der Ölmühle erfülle ich mir einen langgehegten Traum“, sagt Gründer und Inhaber Berthold Dreher. Nun gibt es die Öle auch in Bioläden und Supermärkten der Region.
Seit Mai 2015 ist die Ölmühle im Gewerbegebiet Wangen-Schauwies zwischen Wangen und Amtzell in Betrieb. Verarbeitet werden hier im Schnitt pro Tag 30 Tonnen Ölsaaten, die rund 10 Tonnen Öl ergeben. „Um die Transportwege möglichst kurz zu halten, setzen wir vor allem auf Ernten aus Baden-Württemberg und Bayern“, sagt Berthold Dreher. Und so wachsen Sonnenblumen, Raps, Lein oder Leindotter bei Landwirten in der Nähe, die regelmäßig von Mitarbeitern der Ölmühle besucht werden.
Warenkunde: Lein und Leindotter – wo ist der Unterschied?
Lein: Vor allem Oberschwaben ist ursprünglich ein klassisches Anbaugebiet für Lein, der auch als Flachs bekannt ist. Nach der Überlieferung sind die zartblauen Blüten sogar für die Redewendung einer „Fahrt ins Blaue“ verantwortlich. Lein ist besonders ausdauernd und wächst krautig und strauchartig. Die rund 2.000 verschiedenen Arten der Leinpflanze werden zum einen für die Gewinnung von Leinsamen als Lebensmittel verwendet, zum anderen hat die Pflanze eine große Bedeutung für die Faserherstellung in der Textilindustrie.
Leindotter: Bei dieser Pflanze handelt es sich nicht etwa um das „Gelbe“ der Leinpflanze, sondern eine ganz andere Gattung. Leindotter gehört zu den Kreuzblütengewächsen und ist damit den Rapspflanzen deutlich enger verwandt. Der Name leitet sich allerdings tatsächlich vom Lein ab, denn die Pflanze trat früher überwiegend als „Unkraut“ auf Leinäckern in Erscheinung. Die Samen wurden traditionell als Beigabe zu Brotteig und Getreidebrei eingesetzt. Heute erlebt Leindotter eine Renaissance für die Ölgewinnung, denn der Anteil ungesättigter Fettsäuren ist vergleichsweise hoch. Geschmacklich erinnert das Öl an Rapsöl.
Das Sortiment: Native Öko-Speiseöle
Produziert werden in der Ölmühle Oberschwaben mit einem Team von 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sechs verschiedene Speiseöle. Nur der Sesam für das Sesamöl kommt nicht aus der Region, sondern wächst im kontrolliertem Bioanbau in Indien. Die Rohware wird direkt nach der Ernte geliefert, geprüft und erfasst. Nach der Reinigung können die Saaten bis zur Pressung fachgerecht in modernen Silos gelagert werden. Die Prüfung bedeutet in der Ölmühle, dass alle Lieferungen mit hauseigenen Tests oder von externen Laboren auf Rückstände untersucht und bei Qualitätsproblemen aussortiert werden.
Warenkunde: Linoleic und High-oleic – was ist das denn?
Die Sonnenblumenöle aus der Ölmühle gibt es in zwei Qualitäten – zum einen Linoleic, zum anderen High-oleic. Aber was ist der Unterschied? Und warum ist das wichtig?
High-oleic-Sonnenblumen sind eine gentechnikfreie Züchtung der Sonnenblume mit einem Ölsäure-Anteil in den Triglyceriden von bis zu 90 Prozent. Der hohe Anteil an einfach ungesättigter Fettsäure, Ölsäure und ein geringer Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren macht das Öl besonders hitzestabil und damit ideal für den Einsatz beim Kochen und Frittieren. Empfohlen wird das Öl deshalb auch, um die Entstehung von Acrylamid beim Kochen zu vermeiden.
Linoleic Sonnenblumen sind die ursprünglich in der Natur vorkommenden Pflanzen. Sie haben einen hohen Anteil an zweifach ungesättigter Linolsäure. Für die Ernährung ist dieser Bestandteil sehr gesund, allerdings sollte das Öl nicht hoch erhitzt werden. Der Rauchpunkt liegt bereits bei deutlich niedrigeren Temperaturen, als bei High-oleic-Ölen.
Landwirte gesucht – Bedarf an Ölsaaten in Bioqualität ist groß
Um den Bedarf an hochwertigen Ölsaaten für die Mühle zu decken, ist das Unternehmen auf der Suche nach weiteren Landwirten, die in Bioqualität produzieren. Und „Bio“ ist für Berthold Dreher nicht nur ein Geschäftsmodell, sondern auch eine Lebenseinstellung. „Wenn mir ein Landwirt sagt, er möchte die Felder und Äcker einmal in einem besseren Zustand als heute an seine Kinder weitergeben, dann ist das genau der Punkt, der nachhaltige Landwirtschaft ausmacht“, sagt er.
Und Dreher kennt die Branche, ist er doch seit mehr als 25 Jahren im Bereich ökologisch erzeugter Agrarprodukte tätig: Erste Erfahrungen sammelt er bei regionalen Erzeugergemeinschaften für Bioland-Getreide und Demeter Milch. Dann folgen Stationen in der Produktion und Vermarktung von Öko-Getränken bis hin zum Öko-Getreidehandel für Gesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Damit mehr Landwirte den Sprung hin zur ökologischen Produktion wagen, nimmt die Ölmühle auch kleinere Erntemengen an – so können die Bauern zunächst einen Teil der Anbauflächen auf den Biobetrieb umstellen und ihre Erfahrungen damit machen.
Alles wird verwertet: Ölkuchen und Proteinmehle
Nach dem Pressen der Ölsaaten bleiben Reste zurück. Aus diesen Stoffen werden sogenannte „Ölkuchen“ oder Protein-Mehle hergestellt. Die Ölkuchen dienen vor allem als hochwertiges Tierfutter – ebenfalls in Bio-Qualität. Die Proteinmehle finden in der Lebensmittelindustrie Verwendung, denn pflanzliche Proteine sind ein wichtiger Rohstoff. Sie werden entweder als Nahrungsergänzungsmittel verkauft und dabei beispielsweise von Vegetariern und Veganern geschätzt, oder als Zusatzstoffe in Müsliriegeln, Suppen oder Brotaufstrichen verwendet.
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